Die Ortsgründung    

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Der Ort Leberskirchen weist seit seiner namentlichen Gründungszeit im Mittelalter ein hohes Alter auf. Diese Tatsache ist wichtig und interessant. In der näheren und weiteren  Umgebung von Leberskirchen konnten Archäologen mehrere vorgeschichtliche Siedelplätze auffinden und nachweisen. Ob sie eigene Bezeichnungen oder Namen hatten, bleibt uns unbekannt. Im Vilstal sind für die Jahrtausende der Vor- und Frühgeschichte keine direkten Überlieferungen bekannt. Es  handelte sich wohl um schriftlose Kulturen.

Auffällig ist die Tatsache, daß Leberskirchen unmittelbar neben der Großen  Vils, vermutlich an einer seichten Stelle mit einer Furt gegründet worden  ist. Für diesen Zeitpunkt läßt sich kein genaues Jahr angeben.

Als erster und damit frühester Ortsname ist LIUTPRANTSCHIRCHEN in althochdeutscher Sprachform zu erschließen. Urkundlich ist diese Namensform des  Orts- und Siedlungsnamens im Jahre 1295 als "LEUBRANTSCHIRCHEN" überliefert worden.

In der Ortsnamenforschung wird die Gründungszeit der sogenannten Kirchen-Orte zwischen dem 8. und dem 10. Jahrhundert angesetzt. Ob der Ort wirklich bis in diese frühmittelalterliche Zeit  zurückreicht, ist nicht sicher. Der Männername LIUTPRANT drückte die besondere Qualität seines Trägers aus, nämlich "der beim Volk Berühmte". Die früheste Ortsnamenform bringt also zum Ausdruck, daß es sich bei der Gründung um eine  von Liutprant gestiftete Kirche oder um ein Gut einer Kirche gehandelt haben muß.

Wegen der Nähe zur Vils muß demnach die ursprünglich wichtigste Aufgabe der Ortsbewohner in der Sicherung des Tal- und Flußüberganges bestanden haben.

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Das Rittergeschlecht der "Leberskirchner"  

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Will man einem überlieferten Stammbaum des Geschlechts Glauben schenken, so soll eine Vertreibung aus Ungarn im Jahre 903 n. Chr. die Ursache dafür  gewesen sein, daß sich einzelne Vertreter dieses Adelsgeschlechts in Leberskirchen angesiedelt haben. Die ursprünglichen Besitzrechte am Ort sollen sich in der Gewalt und Zuständigkeit der Bischofskirche von Regensburg befunden haben.

Die Ritter, welche sich also seit 903 in unserem Vilstal einen Herrschaftsbereich aufzubauen versuchten, standen im Dienste der mittelalterlichen  Reichskirche und der weltlichen Mächte.

Wie die Wasserburg, welche sie zur Ausübung ihres Ritterstandes brauchten, wirklich aussah, ist nicht zu sagen. Wir werden aber nicht fehlgehen, wenn wir von einer kleinen Anlage ausgehen, wie sie in Grundrissen etwa in Altfraunhofen oder in Mangern zu erkennen ist.

Ritter waren in erster Linie berufsmäßige Krieger, die in den für sie als Stand verbindlichen Rittertugenden erzogen und ausgebildet wurden. Sie waren zur Gefolgschaftspflicht für Kaiser, Könige, Herzöge und Bischöfe eingeschworen. Bis zum Jahre 1305 hatten die Ritter von Leberskirchen beispielsweise die wichtige Aufgabe, den Schutz für die Leute und Gebäude in der  Pfarrei Gerzen zu gewährleisten. Man nannte diesen Schutz eine sogenannte Schirmvogtei über eine Kirche und ihre Leute bzw. einen ganzen Kirchensprengel.

Damit hing auch der militärische Schutz des "Altwegs" durch das Vilstal und  die verschiedenen "Salzwege" zusammen, die aus dem Salzkammergut und aus  Berchtesgaden in das Vilstal führten. Salz war lebenswichtig.

In einem Verzeichnis der Güter des Herzogs vom Jahre 1308 im "Gericht Piburg" (Vilsbiburg) wird der Salztransport an erster Stelle genannt. Deshalb hatten  die Ritter von Leberskirchen auch die Sicherheit an den beiden nächstliegenden Zollstätten zu Gerzen und Solling zu gewährleisten.

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Wichtige Ritter von Leberskirchen im Überblick

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1165 Sigmund und Friedrich sollen an einem Turnier in Zürichteilgenommen haben.

1295 Eckart war ein mächtiger Dienstmann des Herzogs von Niederbayern und der Bischofskirche von Regensburg. Er scheint um 1360 gestorben zu sein.

1418 Hans war ein Lehensmann des Herzogs in Bayern.

1447 Lienhart verlegte seinen Adelssitz nach Lichtenhaag.

1473 Ulrich baute einen Adelssitz zu Berg bei Lichtenhaag.

1474 Sebastian benannte sich nach Lichtenhaag.

1500 Heidenreich benannte sich ebenfalls nach Lichtenhaag.

1517 Heidenreich auch Heinrich genannt, übergab seinem Sohn Alexander den Markt Gerzen mit der Hofmark Mangern als Schenkung zu Lebzeiten.

1521 Alexander starb und wurde in der Familiengruft in der Pfarrkirche Gerzen begraben.

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Mittelalterlicher Landesausbau bei Leberskirchen

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In den Talauen der Großen und der Kleinen Vils, die nordöstlich von Leberskirchen zu einer Flußaue zusammenlaufen, erstreckte sich bis in die Neuzeit ein ausgedehntes Sumpfgebiet mit einzelnen Flußseen.

Diese naturgegebenen Bedingungen forderten zu Kultivierungsmaßnahmen heraus.  Leberskirchen, Solling, Schalkham und Hungerham lagen am "Altweg", der  rechts der Vils verläuft.

Geistliche Grundherrschaften wie das Reichskloster St. Emmeram in Regensburg, das dortige Domstift, das Benediktinerkloster Benediktbeuern und das Zisterzienserinnenkloster Seligenthal begann vom 10. bis zum 14. Jahrhundert den  Landesausbau. Königsgüter aus dem Besitz des Frankenreiches waren wichtige Voraussetzungen. Darauf weist der Dorfname "Schalkham" hin.

Aus dem 14. Jahrhundert stammen uralte Hofnamen wie "Westner" (alte Schreibweise "Wössner") und "Kerscher" (später geteilt in "Hanslkerscher" und "Peterkerscher") in Leberskirchen und "Bachmeier", "Luger" und "Beckenbauer" in Schalkham.

Zu den Aufgaben der hier ansässigen Bauernfamilien gehörte es von Anfang an, die Orts- und Dorffluren, sowie das nähere Umland zu entwässern und zu kultivieren. Dazu war im Mittelalter die Schutzherrschaft des Rittergeschlechts von Leberskirchen notwendig.

Der Ritter "Eckart von Leubrantschirchen" (Leberskirchen) trat urkundlich  erstmals 1295 als bedeutender Gefolgsmann des Bischofs Heinrich von Regensburg auf.

Ein halbes Jahrhundert später konnte sich Ritter "Eckart" als Besitzer der "Hube", d.h. des damaligen Hofes zu Dietrichstetten urkundlich nennen lassen (1347).

Der Ritter "Lienhart Leberskirchner zu Liechtnhag" konnte bereits herrschaftlichen Besitz zu Lichtenhaag nachweisen und als Grundherr im Ort in Erscheinung treten (1447). Umfangreiche Rodungsleistungen im Bereich des Dorfes Lichtenhaag waren vorausgegangen und wurden weitergeführt.

1505 hatte Leberskirchen durch Kriegsschäden an Bedeutung verloren.

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Zur Kirchengeschichte von Leberskirchen

Die Filialkirche des hl. Rupert

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Fotos:   Aussenansicht der Kirche

Die Grundsubstanz der Kirche im Ort kann ein sehr hohes Alter aufweisen (1180). Sie stammt aus der Zeit des romanischen Baustils im 12. Jahrhundert.

Wegen des besonderen Patrons kam dieser Kirche von Anfang an eine große Bedeutung für das Leben der Leute zu. Der hl. Rupert war ein Wanderbischof aus Irland, dessen Geburtsjahr unbekannt ist. Herzog Theodo von Bayern rief ihn von seiner Bischofsstadt Worms am Rhein, damit er das Volk missionierte und eine Organisation der Kirche im Herzogtum Bayern vorbereite.

Nach der Überlieferung hielt sich Rupert längere Zeit in der Stadt Regensburg  und in ihrem Umland auf, weil in Regensburg die alte Herzogsresidenz war. Aus  nicht bekannten Gründen wurde Rupert auch Bischof von Salzburg. Als  erster Bischof des Salzburger Bistums gründete er in der damals weitgehend zerstörten Stadt eine Kirche zu Ehren des hl Apostelfürsten Petrus und auf dem Nonnberg ein Frauenkloster. Um das Jahr 715 ist er der Überlieferung nach in Salzburg gestorben und dort bestattet worden.

Die  Ritter  von  Leberskirchen scheinen Mitstifter der Kirche in Leberskirchen gewesen zu sein. dies gilt besonders für den Ritter Eckart von Leberskirchen. Gerade  bei Kirchen, die von Adelsgeschlechtern gestiftet waren, wurden jeweils angemessene Familiengrablegen angelegt und hinzugestiftet.

Um die Erinnerung an den Ruhm und die Tradition zu fördern, wurden an bestimmten Gedächtnistagen besondere Jahrtagsgottesdienste gestiftet. Dies wurden oftmals auch als sogenannte "Ewige Messen" bezeichnet. Nach dem Beispiel der Ritter von Leberskirchen entschlossen sich seit dem 14. Jahrhundert auch vermögende Bauernfamilien zu Meßstiftungen.

Auf jeden Fall wurde die vermutlich baufällige oder durch Kriegseinwirkungen der Hussitenkriege zerstörte oder beschädigte Kirche im 15. Jahrhundert umgebaut. Die vom Herzogtum Bayern-Landshut ausgehende Bauwelle der Spätgotik erfaßte im 15. Jahrhundert auch das Vilstal in vollem Umfang. Beispielgebend dürfte dabei die Bauschule vom St. Martinsmünster in Landshut auch im Falle von Leberskirchen gewesen sein.

Als maßgeblicher Stifter und Anreger für den Um- oder Teilneubau in Leberskirchen kommt einerseits der seit 1435 urkundlich nachweisbare Ortsadelige Hans WESTNER zu Leberskirchen und andererseits der seit 1474 genannte EDLE und VESTE SEBASTIAN DER LEBERSKIRCHNER ZUM LICHTENHAAG, ein bedeutender Ritter, in Frage. Für letzteren als Stifter der barocken, höchst kunstvollen und edel gestalteten Kircheneinrichtung spricht das Auszugbild des Hl. Sebastian im südlichen Seitenaltar (datiert 1727). Es kann sogar sein, daß unter diesem Altar eine Familiengruft verborgen liegt.

Die Reste eines Rundbogenfrieses auf der Südseite des Kirchenschiffs weisen auf die Zeit des HANS WESTNER hin. Damit kann die Umbauzeit zwischen 1435 und etwa 1474 angesetzt werden. natürlich zog sich die Ausstattung der interessanten Landkirche mit einem sehr breiten, zweijochigen Ostchorraum bis etwa 1510/20 hin. ein kostbares Zeugnis aus dieser Epoche besitzt die Kirche in der vornehmen und würdevollen spätgotischen Madonna in der Mittelnische des südlichen Seitenaltar. Alle anderen Ausstattungsstücke sind verloren gegangen.

Die noch heute nach diesem Umbau erahnbare Bedeutung dieser Kirche ist darin zu sehen, daß sie von Anfang an eine "Rittersaalkirche" war, in die man auch hineinreiten konnte. Deshalb wurde auch der Chorraum nach den Maßen des Kirchenschiffs erweitert. Weitere Hinweise geben noch die früher mit Wappen bemalten Wappenschilde auf den Polygonkonsolen im Ostchor. Gleiches ist in der Pfarrkirche Gerzen, allerdings nochmals erweitert und vermehrt, zu sehen und festzustellen.

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Die Innenausstattung der Kirche

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Eine hohe künstlerische und kunstgeschichtliche Qualität zeichnet die Filialkirche aus. Die vom Stil der Spätgotik geprägte Raumschale mit einem schön gestalteten Kreuzrippengewölbe ergibt eine klare und nüchterne Raumwirkung. Drei prächtige Altäre im Stil des Spätbarocks beherrschen den Innenraum im erweiterten Ostchor. Es ist als ein Glücksfall zu nennen, daß die Entstehungszeit jedes Altares bekannt ist.

Fotos: Alttarraum           Hochaltar

Der prächtige Hochaltar ist im Jahre 1705 gefertigt worden, und zwar vermutlich in einer Landshuter Werkstatt. Gedrechselte Säulen und eine dekorative Akanthusumrahmung umgeben ein schönes Altarbild mit einem sehr selten dargestellten Thema: der hl. Bischof Rupert tauft den Herzog Theodo von Bayern.

Dieser geschichtliche Bezug verweist in die Frühzeit des ersten Stammesherzogtums in Bayern und in die Entstehungsgeschichte der Kirche und des Dorfes an der Vils. Sollte dieses Altarbild wirklich für die Filialkirche in Leberskirchen gemalt worden sein, dann wäre dies ein erfreulicher Fall von geschichtlicher Traditionsbildung.

Einerseits weist die Darstellung des Herzogs Theodo von Bayern auf den obersten Herrn im Herzogtum hin und andererseits ist durch den hl. Bischof Rupert angedeutet, daß die Kirche im Stammesherzogtum Bayern bereits in einem gewissen Umfang organisiert war. Diese geschichtlichen Bezüge verweisen auf die Verhältnisse im Herzogtum Bayern um 700 n.Chr.

Im Jahre 739 n.Chr. gründete der hl Bonifatius im Auftrag des Papstes Gregor III. die vier altbayerischen Bistümer Freising, Passau, Regensburg und Salzburg und bestimmte im wesentlichen ihre Bistumssprengel, die sogenannten Diözesen. Es ist wichtig für die geschichtliche Aussage dieses Altarbildes von Leberskirchen, daß mit der Taufe des Bayernherzogs Theodo durch den hl. Bischof Rupert sogar die Kirchengeschichte vor der denkwürdigen Leistung des Bonifatius geschildert wird.

Den zeitlichen Hinweisen dieses Altarbildes folgend, könnte die Ansiedlung Leberskirchen auf das bisher höchste im Vilstal festgestellte Alter von fast 1300 Jahren zurückgehen. Das wäre ein Rekord!

Die enge Verbindung zur Bischofskirche und damit zum Hirtenamt in der katholischen Kirche bringen auf dem Hochaltar die beiden Seitenfiguren der hl. Bischöfe Dionysius (links) und Ulrich von Augsburg (rechts vom Tabernakel) zum Ausdruck.

Dies entspricht der bereist mehrfach angesprochenen herausragenden Stellung der Kirche und des Ortes sowie der ganzen Pfarrei Gerzen seit der sogenannten ottonischen Reichskirchenpolitik des 10. Jahrhunderts. Es wird damit auch zum Ausdruck gebracht, daß hier im Vilstal besonders wichtige Wehrbauern im Dienste der bischöflich geleiteten Reichskirche des Mittelalters angesiedelt waren, und zwar an einer außerordentlich bedeutsamen Straße in der Ost-West-Achse. An beiden Vilsläufen, sowohl an der Großen und der Kleinen Vils, erstreckten sich wichtige Altsiedelgebiete mit besten Ausbauorganisationen kirchlicher und weltlicher Zugehörigkeit.

Eine besonders wichtige Stellung kam dem hl. Bischof Ulrich von Augsburg auch in unserer Gegend zu. In der nahen, bereits im westlichen Nachbardorf Solling beginnenden "Herrschaft Geisenhausen", die vom 10. Jahrhundert bis 1803 zum Hochstift und Reichsbistum Augsburg gehörte, wurde das ganze Mittelalter hindurch der hl. Bischof Ulrich außerordentlich stark als Patron verehrt. Er galt seit der Schlacht auf dem Lechfeld bei Augsburg im Jahre 955 n.Chr. als der wundertätige Besieger und Überwinder der heidnischen Ungarn, die seit dem Beginn des 10. Jahrhunderts in mehreren Anstürmen in das "Heilige Römische Reich Deutscher Nation" verheerend eingedrungen waren.

Daneben wurde in Kirchen an alten Wegen und Reichsstraßen der hl. Bischof Dionysius zur Ehre der Altäre erhoben und besonders verehrt, z.B. in der Pfarrkirchen Loizenkirchen.

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Die Organisation der Filiale Leberskirchen um 1640

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In einem Verzeichnis der "Kirchen und Gotteshäuser" in der Pfarrei Gerzen aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) werden insgesamt 14 Kirchen genannt. Diese enorm hohe Zahl zeigt, wie groß die Pfarrei vor der Abtrennung der Pfarrei Hölsbrunn (1735) einst gewesen ist. Besonders interessant ist auch die Reihenfolge der genannten Kirchen, Kapellen und ihrer zugehörigen Sprengel:

 1. Die Pfarr- und Mutterkirche St. Georg in Gerzen

 2. Die Kapelle Unserer Lieben Frau in Wippstetten

 3. Die Kapelle St. Emmeran in Neuhausen

 4. Die Filialkirche Unserer Lieben Frau in Hölsbrunn mit Friedhof

 5. Die Kappelle St. Stephan in Unterbachham

 6. Die Filialkirche St. Margareta in Radlkofen mit Friedhof

 7. Die Filialkirche des Hl. Johannes des Täufers und Evangelisten in Johannesbrunn mit Friedhof.

 8. Die Kapelle des Hl. Bartholomäus in Eggenpoint

 9. Die Filialkirche St. Michael in Westerskirchen mit Friedhof

10. Die Kapelle St. Wolfgang in Möllersdorf

11. Die Filialkirche St. Stephan und Laurentius in Solling mit Friedhof

12. Die Filialkirche St. Rupert in Leberskirchen mit Friedhof 13. Die Kapelle St. Nikolaus in Lichtenhaag

14. Die Kapelle St. Martin in Vilssattling

Allein von den Kirchenpatronen her gesehen, handelt es sich also bei der Pfarrei Gerzen um eine sehr bedeutende und bis in die Anfangszeit unserer Kirchen- und Bistumsgeschichte zurückreichenden Seelsorgsorganisation in Bayern. Das Kirchenpatronat des Hl. Märtyrers Laurentius verweisen bis in die römische Zeit zurück. Gerzen und Solling erweisen sich somit aufgrund ihrer Kirchenpatrone als romanisch teilweise besiedelte Orte mit kirchlicher Tradition im Land an der Vils.

Dazu bildet, was dieses oben genannte Verzeichnis der Pfarrei Gerzen nicht beinhaltet, der Pfarrort Kirchberg auf dem Kröning mit seinem ebenfalls in römische Zeiten zurückweisenden Patronat des Hl. Märtyrers Florian eine sehr wichtige Ergänzung. Für eine Existenz einer noch im 9. nachchristlichen Jahrhundert in dieser Gegend vorhandenen romanischen Bevölkerung sprechen neben den bezeichnenden Kirchenpatronen St. Georg, St. Laurentius und St. Florian verschiedene andere Gründe, die aber in diesem Zusammenhang nicht weiter dargelegt werden können.

Besonders wichtig erscheint, daß neben der Pfarrkirche des Hl. Ritters und Märtyrers Georg in Gerzen die älteste Taufkirche in Johannesbrunn erwähnt wird, während die Filialkirche des Hl. Rupert in Leberskirchen erst an zwölfter Stelle erscheint.

Das Verzeichnis der "Kirchen und Gotteshäuser" in der Pfarrei Gerzen ist also, so ist zu schließen, nach den Erträgnissen der einzelnen Kirchensprengel erstellt. Es verwundert also nicht, daß unmittelbar nach der Pfarr- und Mutterkirche von Gerzen die Wallfahrtskirche Unserer Lieben Frau in Wippstetten im Verzeichnis genannt ist, denn die Wallfahrerströme brachten viel Geld in die dortige Kirchenkasse.

Seit dem Beginn der Barockzeit war es auch üblich geworden, in jeder großen Pfarrei einen eigenen Wallfahrtsort zu haben bzw. einzurichten. Nach welchen Gesichtspunkten dies aber erfolgte, hing von den jeweiligen Hofmarksherren und den zuständigen Pfarrern ab.

Die Wallfahrt zu "Unserer Lieben Frau von Wippstetten" hing natürlich in erster Linie mit dem Kröning und der Kröninger Hafnerei zusammen, denn auch in Leberskirchen bezog man von Jesendorf und Bödldorf das notwendige irdene Geschirr ebenso wie im Pfarrhof zu Gerzen. Natürlich beteiligten sich die Gläubigen der Filialgemeinde Leberskirchen an den Bittgängen und Prozessionen der Pfarrei Gerzen nach Wippstetten.

Die Filiale Leberskirchen hatte im Jahre 1640 einen verhältnismäßig kleinräumigen Bezirk. Die beiden Dörfer Leberskirchen und Schalkham lagen unmittelbar an der Vils und die Einöden Hangelberg, Trautmannsberg, Steffelsöd, Straß, Forsthof, Brandhof, Hufnaglberg, Eder in der Scheiben, Höfengrub, Muntersgrub und Scherneck erstreckten sich über die südliche Waldzone.

Interessant ist auch, daß die Zehentverhältnisse im Kirchdorf Leberskirchen vom damaligen Pfarrer als unzweckmäßig beurteilt worden sind. In den Notzeiten während des Dreißigjährigen Krieges waren die Pfarrer besonders auf die Zehentabgaben der Hof- und Hausbewohner in den Kirchdörfern angewiesen, weil neben den Plünderungen und Brandschatzungen die raubenden Scharen und Trupps von Soldaten viel Geld erpreßten.

Seit dem Hochmittelalter mußte von jeder Haus- und Hofstelle eines Dorfes der zehnte Teil der Jahresernte, vom Klein- und Großvieh als besondere Abgabe für die Ortskirche bzw. Pfarrei abgegeben werden. Dies war hier nicht der Fall, weil nämlich die Ritter von Leberskirchen eigens beanspruchte Abgabenleistungen erhielten, z.B. vom Hansl- und vom Peterkerscher-Hof.

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Bäuerliche Besitzverhältnisse im 18. Jahrhundert

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Fotos:  

Der Westnerhof um 1920  

Der Hanslkerscherhof um 1915  

Der Peterkerscherhof

Das Fischeranwesen um 1910

Das Müllnerhaus in Leberskirchen

Für das Hofmarksdorf Leberskirchen sind verläßliche Angaben über Besitzverhältnisse von geteiltem und ungeteiltem Eigentum sowie von Steuergrößen erst seit den Jahren 1752 und 1760 möglich.

Man zählte insgesamt 16 Anwesen im Dorf, von denen damals der "Peterkerscher" Hof mit der Hofgröße eines "halben Hofes" (auch "Hube" genannt) an erster Stelle stand. Als sogenannte "Viertel Höfe" folgten der "Hanslkerscher", der "Westner", der "Wagner" und der "Müller" mit recht unterschiedlichen Grundherrschaften und niedergerichtlichen Zuständigkeiten. Während der "Peterkerscher" und der "Hanslkerscher" ursprünglich eine gemeinsame Gründungswurzel zu haben scheinen, gehörten der "Westner" und der "Wagner" zur geistlichen Grundherrschaft des Klosters Seligenthal in Landshut und der "Müller" zur Hofmarksherrschaft Lichtenhaag.

Bereits unter dem bedeutenden Kurfürsten Maximilian I. von Bayern erfolgten während des Dreißigjährigen Krieges in Leberskirchen wichtige Besitzveränderungen, die offensichtlich der Kurfürst selbst in die Wege leitete. Der "Peterkerscher" und sieben Handwerkeranwesen mit dem erhöhten Hoffuß von je 1/24 (Hofgröße) kamen in kurfürstlichen Besitz. Es handelte sich um das erste und das zweite Schneideranwesen, den "Schuster", den "Schmied", den "Penker" (d.h. den Handwerker der Bänke herstellte) und zwei Zubauten zum "Müller" und zum "Hanslkerscher". Sie waren alle als Lehen, d.h. als Leihegüter zu Lehenrecht an die Inhaber ausgegeben. Organisatorisch hatte der "Peterkerscher" über diese sieben Lehen-Anwesen die grundherrschaftliche Führungsposition, denn auf ihm waren die Rechte der "kurfüstlichen Hofmark Leberskirchen" begründet.

Auch die Hofmark Gerzen hatte grundherrschaftliche Rechte im Dorf Leberskirchen. Das "Fischer"-Anwesen hatte keine bestimmte bzw. festgelegte Hofgröße und war zu "Leibrecht" ausgegeben. Der berufsmäßig im Dorf ansässige Fischer hatte die Aufgabe, nicht nur Fische, sondern auch Krebse für die Hofmarksherrschaften in Gerzen und Lichtenhaag zu fangen und zu liefern.

In einem altbayerischen Kirchdorf wie Leberskirchen durften so charakteristische Anwesen wie beim "Mesner" und beim "Söldner" nicht fehlen, denn sie waren zur grundherrschaftlichen Ausstattung der Filialkirche gehörig. Sie waren zur günstigsten Besitzform ihren jeweiligen Besitzern überlassen, nämlich zu "Erbrecht". Bei diesem bäuerlichen Leiheverhältnis ging das dingliche Nutzungsrecht am Anwesen und den Gründen jeweils auf die Erben des Inhabers über.

Auffällig ist bei diesen Besitzverhältnissen, daß die in vergleichbaren anderen Dörfern einheitliche grundherrschaftliche Zuständigkeit in Leberskirchen nicht seit dem Mittelalter erhalten werden konnte. Es zeigt sich eben doch immer wieder, daß sich mit dem Aussterben von alten Rittergeschlechtern, wie z.B. in diesem Fall dem der Ritter von Leberskirchen im Jahre 1521, starke Besitzveränderungen ergaben. Dies lag wohl auch im Bestreben der landesfürstlichen Besitzpolitik im Herzogtum und seit 1623 im Kurfürstentum Bayern, um wirksame Wirtschafts- und Steuerreformen durchzuführen.

Mit der sogenannten Säkularisation in Bayern begann sich auch in Leberskirchen seit dem Jahre 1803 ein schwerer Eingriff in die kirchlichen und klösterlichen Rechts- und Besitzverhältnisse auszuwirken. Durch die Aufhebung der klösterlichen Grundherschaft des Klosters Seligenthal über den "Westner" und den "Wagner" im Dorf veränderten sich nicht nur die herkömmlichen Besitzformen, sondern auch die inneren Zusammenhänge im Dorf und bei seinen Bewohnern.

Seit dem Jahre 1808 wurden die bäuerlichen Lehensgüter bzw. die zu Lehenrecht ausgegebenen Höfe und Anwesen, wie hier der "Peterkerscher", die zwei "Schneider", der "Schuster", der "Schmied", der "Penker" und die beiden Zubauten zum "Hanslkerscher" und zum "Müller", durch sogenannte "Ledigungsbriefe" in Zinseigentum umgewandelt. Besitzrechtlich war dies für den "Peterkerscher" und den "Hanslkerscher" am günstigsten, denn ihre Bauernhöfe waren bereits vor 1808 zu bestimmten Teilen oder vollständig in den Eigenbesitz der Hofinhaber gekommen.

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Der Schulhausbau in Leberskirchen

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Klassenfoto des Jahrgangs 1938 mit Lehrer Brandl

Das  Filialdorf  bekam  erst  relativ  spät eine eigene Schule, weil sich erste Pläne einer Veränderung des 1803 eingeführten Schulsprengels wieder zerschlugen. Im Jahre 1866, das wegen des von Bismarck in Preußen geführten deutschen "Einigungskrieges" einen hochpolitischen Charakter hatte, wurde in Leberskirchen eine Schule gebaut.

Bisher waren die Leberskirchner Schulkinder in die Volksschule nach Lichtenhaag gegangen. Es sind leider keine Aufzeichnungen vorhanden, die Auskunft geben könnten, ob dies auch zu den häufigen Hochwasserzeiten möglich war.

Bereits im Jahre 1723 findet sich eine schriftliche Erwähnung eines eigenen Schulzimmers im "Schloß" Lichtenhaag, wo zunächst Lehrer Mathias Wimmer und als sein Nachfolger Alanus Hueber bis 1773 Schule hielten. Letzterer wurde am 9. Oktober 1773 im Friedhof von Leberskirchen begraben.

Bereits im Jahre 1756 wurde in Lichtenhaag ein Lehrer Hasenkopf genannt, von dem sonst aber nichts bekannt ist. Wir wissen auch nicht, wie lange er in Lichtenhaag lebte. Am 12. März 1797 starb in Lichtenhaag der Lehrer Johann Steiner im Alter von 54 Jahren. Er soll der wirkliche Nachfolger des Lehrers Hueber gewesen sein.

Einer der bedeutendsten Lehrer in Lichtenhaag war wohl Simon Löwerfinger. Er muß ein tüchtiger Lehrer und ein noch besserer Organist und Chorleiter des Kirchenchores gewesen sein. Dies zeigte sich deutlich, als er im Jahre 1829 bereits versuchte, die Schule in das Filialdorf Leberskirchen zu verlegen. Der Heimatforscher und Dekan von Gerzen, Franz-Xaver Moser, gab als Begründung für dieses Ansinnen den Organistendienst in Leberskirchen an.

Dies erscheint auch wirklich glaubhaft, denn der gleichnamige Sohn des Lichtenhaagener Lehrers hielt für seinen Vater die Schule in seinem Wohnhause in Lichtenhaag, weil die örtlichen Verhältnisse in dem Lichtenhaager Schloß inzwischen untragbar geworden waren.

Man kann sich die damals herrschenden räumlichen Zustände in den sicherlich nicht großen Wohnhäusern in Lichtenhaag heute kaum mehr vorstellen. Wenn man die in Lichtenhaag eingeschulten Kinder aus dem Schulsprengel mit zirka zwanzig bis dreißig in der Gesamtzahl annimmt, weil keine genauen Zahlen der Schulkinder von damals vorliegen, so müssen wir davon ausgehen, daß etwa nur ein Viertel oder sogar nur ein Sechstel der Schulkinder auch tatsächlich zum Unterricht erschien. Es gab damals viele Klagen der Lehrer beim Pfarrer als dem seit dem Jahre 1808 bestellten "Schulinspektor", daß die Bauern ihre Kinder zu oft nicht zur Schule gehen ließen, weil sie diese zu Hause oder zur Feldarbeit brauchten.

Ein tragisches Geschick wollte es, daß der hoffnungsvolle Lehrer Simon Löwerfinger jun. von Lichtenhaag am 2. März 1830 im jugendlichen Alter von nur 27 Jahren verstarb. An seinem Grab im Filialfriedhof zu Leberskirchen ließen die Eltern folgenden bemerkenswerten Gedenkspruch auf die Grabtafel setzen:

"Du hast mit Kunst und Unverdrossenheit die Jugend unterrichtet, drum fühlt sie sich nach langer Zeit zum Danke dir verpflichtet."

Dieser Vers bringt in einer schönen und dankbaren Weise zum Ausdruck, daß die Arbeit des jungen Lehrers in ihrem Wert erkannt und entsprechend gewürdigt wurde. dies allein ist für die damalige Einschätzung der Tätigkeit eines jungen Lehrers in einen Dorf wie Lichtenhaag ein gutes Zeichen.

F.X. Moser nennt als den entscheidenden Grund für die im Jahre 1866 wirklich erfolgte Neugründung der Schule in Leberskirchen das Bevölkerungswachstum in den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts. Tatsächlich war dies ausschlaggebend, den die Politik im Königreich Bayern konnte gerade in diesem Jahrzehnt beträchtliche Erfolge und Wirkungen aufweisen. Für den Filialkirchenort Leberskirchen bedeutete diese Entwicklung eine Herausforderung, denn der Neubau einer Schule konnte von der Gemeinde nicht finanziert werden. Also kam nur eine Grundstücksschenkung durch die Filialkirchenstiftung in Frage.

Wie nun der genaue Ablauf der Schulhausentscheidung verlief, kann erst nach der eventuellen Auffindung einschlägiger Akten untersucht und dargestellt werden.

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Leberskirchen in verwaltungsmäßiger Hinsicht

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Der bayerische Staat erhielt im Zuge der politischen Reformen zu Beginn des 19. Jahrhunderts vor allem durch den leitenden Staatsminister Maximilian von Montgelas und den Kurfürsten Max III. Joseph ein neues Gesicht. Vor allem wurde die Staats verwaltung neu organisiert.

Leberskirchen lag in dem seit 1803 neu gebildeten Landgerichtsbezirk Vilsbiburg und zwar im Rentamt Vilsbiburg. Im Zuge der Neubildung der "Steuerdistrikte" im Königreich Bayern wurde Leberskirchen 1811 dem "Steuerbezirk Schalkham" zugewiesen.

Aus ihm wurde 1818 die neue politische "Gemeinde Schalkham" gebildet, die bis zum 30. April 1978 ihre Selbständigkeit bewahrte. Mit dem 1. Mai 1978 wurde sie in die Verwaltungsgemeinschaft Gerzen mit Sitz in Gerzen integriert. Dies war die logische Entwicklung seit 1971, denn das in diesem Jahr verabschiedete "Gesetz zur Stärkung der kommunalen Zusammenarbeit" in Bayern betonte das Verbleiben der Teilnehmergemeinden in ihrer Selbständigkeit trotz einer Zugehörigkeit zu einer Verwaltungsgemeinschaft.

Damit sind für die Landgemeinde Schalkham mit allen aus der Vergangenheit stammenden Strukturproblemen Möglichkeiten gegeben, die eine gedeihliche und positive Entwicklung ermöglichen.

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Isidoribruderschaft und Isidorifest seit 1742

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Speziell für Leberskirchen gab es zwei kirchliche Höhepunkte im Kirchenjahr, das Patroziniumsfest des hl. Bischofs Rupert als des Kirchen- und Dorfpatrons am 27. März bzw. dem darauffolgenden Sonntag und das Isidorifest am 15. Mai bzw. am darauffolgenden Sonntag.

Während das Patroziniumsfest seit dem Mittelalter das ursprüngliche Hochfest der Filialgemeinde am Ort war, kam das Isidorifest erst in der Barockzeit, nämlich im Jahre 1742, als Neueinführung durch den bedeutenden Pfarrer der Pfarrei Gerzen, JOHANN BENNO STABHUBER (1741-1762 in Gerzen), hinzu.

Diesem geistlichen Pfarrherrn von Gerzen, der an die sehr segensreiche Wirkungszeit seines Vorgängers, des Pfarrers GEORG SIMON NEUMAYER, unmittelbar erfolgreich anschließen konnte, verdanken wir wegen seiner exzellenten Fähigkeiten und Verbindungen, seines Seeleneiferes und Kunstverstandes, die großartige Inneneinrichtung der Filialkirche von Leberskirchen einerseits und der Wallfahrtskirche Wippstetten andererseits. In der Pfarrkirche zu Gerzen ist ja nichts mehr von der prunkvollen Barockinneneinrichtung der Altäre und der Kanzel sowie des Orgelgehäuses erhalten geblieben.

In den Kirchen von Leberskirchen und Wippstetten können wir heute noch und in Zukunft bestaunen und uns an dem in Frömmigkeit erbauen, was er durch einheimische Maurer und Zimmerer sowie durch Münchner Hofkünstler unserer Landbevölkerung geschenkt hat.

Seit dem Mittelalter bzw. wahrscheinlich seit der Zeit der Ortsgründung vor 1300 Jahren wurden am Nachmittag des Patroziniumfestes Pferdeumritte um die Filialkirche und Pferderennen auf der Rennwiese abgehalten. Das Pferd stand als Helfer und "Kamerad" der Menschen im Mittelpunkt des kirchlichen Festes.

Die Isidoribruderschaft und das Isidorifest wurden seit 1742 zum eigentlichen Hochfest in Leberskirchen, zu dem sehr viel Volk zusammenströmte. Zudem war es das echte und eigentliche Fest der Leberskirchner Bevölkerung, nämlich auch der Schalkhamer und Lichtenhaager sowie der Sollinger Bauern und der Bauern und Handwerker von den umliegenden Streusiedlungshöfen. Der hl. Isidor wurde von Papst Gregor XV. (1621-1623) zur Ehre der Altäre durch die Heiligsprechung erhoben, und zwar ausdrücklich als spezieller Patron der Bauern und der Bauersleute.

Offiziell eingeführt wurde das Fest erst von Papst Benedikt XIV. (1740-1758) für die Kirche. Im Bistum Regensburg geschah dies im Jahre 1742, als Karl Albrecht, Kurfürst von Bayern, als Karl VIII zum Kaiser des Habsburgischen Reiches gewählt wurde.

Damals war für nur wenige Jahre das Kurfürstentum Bayern auf dem absoluten Höhepunkt seiner fürstlichen Macht, von der es im Jahre 1745 durch den jähen Tod des Kaisers in eine schreckliche Katastrophe fallen sollte. Es mag sein, daß die an harte Notzeiten längst durch die Jahrhunderte gewöhnten Leberskirchener Bauern und Handwerker diesem für sie entbehrungsreichen und strapaziösen Fürstenglanz zutiefst mißtrauten.

Gerade deshalb war für sie ein wunderwirkender Patron wie der Hl. Isidor lebenswichtig. Und ihn verehrten sie fortan nach besten Kräften zusammen mit der Hl. Notburga in ihrer Dorfkirche bis heute.

Der feierlichen Einführung des Isidorifestes folgte die Gründung der Isidori-Bruderschaft in Leberskirchen, welche mit ihren Statuten damals durchaus geeignet war, die Leute in der Bruderschaft als geistliche "Brüder und Schwestern" im Gebet, brüderlicher Gemeinschaft und Hilfeleistung miteinander zu verbinden.

Vor allem sollten die Bruderschaftsmitglieder die wundertätige Fürbitte St. Isidors erlangen, um hier auf Erden vor Unglück an Leib und Vermögen, Tieren und Feldfrüchten bewahrt zu bleiben und im Jenseits ohne eine Todsünde der ewigen Verdammnis zu entgehen.

Um an die wundertätige Fürbitte des Heiligen glauben zu können, mußte und muß man das Leben des hl. Isidor kennen. Wer war er gewesen vor seiner Heiligsprechung?

Isidor war als Bauer um 1070 bei Madrid in Spanien geboren und führte nach seiner Heirat mit Maria de la Cabeza nach der kirchlichen Überlieferung ein vorbildliches Leben der bäuerlichen Arbeit und des eifrigen Gebetes. Er starb am 15. Mai 1130 in seinem Geburtsort im Rufe der Heiligkeit.

Man versteht die außerordentliche Verehrung des Hl. Isidor durch das katholische Landvolk besser, wenn man dabei bedenkt, daß nicht nur am Hofe des Kurfürstentums Bayern in der Residenz zu München, sondern auch beim Landadel die spanische Kleidertracht und das spanische Zeremoniell eingeführt waren. Damit wurden diese auch in Kleidung und Lebenshaltung sowie in der politischen Einstellung auf das Landvolk übertragen.

Man kann diese Tracht heute noch auf vielen alten Votivtafeln an der Altöttinger Wallfahrtskapelle und in der Wallfahrtskirche Maria-Hilf in Vilsbiburg betrachten.

Insgesamt bewertend kann festgestellt werden, daß die Isidori-Bruderschaft und das Isidori-Fest zu einer wesentlichen Verbesserung und Intensivierung des religiösen und gesellschaftlichen Lebens in Leberskirchen beitrugen. Wie überall wurde zu dieser zeit auch das Wirtshaus im Dorf restauriert und erweitert, denn dem gesellschaftlichen Leben im Dorf kam seit der Barock- und Rokoko-Zeit eine erhöhte Bedeutung zu. Besonders der im Hofmarksschloß in Lichtenhaag residierende und wohnende Adel brauchte und liebte die fürstliche Repräsentation in seinen Hofmarksdörfern und Edelmannshöfen.

Am besten ist der Prunk und der hohe Anspruch an künstlerischen Prunkformen heute noch an der Inneneinrichtung der Filialkirche in Leberskirchen abzulesen. Die fürstliche Auffassung vom "Gottesgnadentum" des Adels und der von ihm ausgeübten politischen, wirtschaftlichen und staatlichen Herrschaft über Land und Menschen spiegelte sich in Gold, Silber und der gesamten künstlerischen Formensprache wie z.B. der Altäre.

Prälaten, Klöster, Fürstäbte und Fürstbischöfe pflegten und förderten die Formen der fürstlichen Repräsentation ebenso wie viele Pfarrherren in ihren "Stiften", wie man damals auch den Pfarrhof zu Gerzen nannte.

In dieser Zeit des geistlichen und weltlichen Triumphes des ganzen katholischen Lebens im Gefolge der sog. Gegenreformation trug auch die Filialkirche des hl. Bischofs Rupert in Leberskirchen eine barocke Haube, die man sich heute kaum vorzustellen vermag.