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ca. 3000 v. Christus: Das älteste Göppinger Schmuckstück

Bei Grabarbeiten des "Nationalen Freiwilligen Arbeitsdienstes" an der Flugplatzbaustelle auf der "Großen Viehweide" fanden Arbeiter 1933 einen flachen, ca. 8 cm langen, ovalen Kieselstein. Der Stein war durchbohrt. Da das Loch doppelkonisch ausgeformt ist, kann man davon ausgehen, dass hier planvoll mit einfacher Bohrtechnik ein Loch zum Durchschleifen eines Bändels gefertigt wurde.

Lange war die zeitliche Einordnung ungewiss. Der Göppinger Archäologe Dr. Rainer Schreg weist durch Vergleich mit ähnlichen Funden in Süddeutschland nach, dass der Stein am Ende der Steinzeit im sog. Endneolithikum als Anhänger gefertigt wurde. Vor allem von einigen Uferrandsiedlungen am Bodensee und aus der Schweiz kennt man ähnliche Kieselanhänger. Die großen, einfach gearbeiteten Anhänger lösten zierliche Schmuckformen aus röhrenförmigen Kalksteinperlen ab, wie man sie in einer spät-jungsteinzeitlichen Fundstelle bei Uhingen – zusammen mit feinen Steinbohrern – gefunden hat. Hier ist wohl nicht nur ein Modetrend zu beobachten, wahrscheinlich kam den "neuen" Stein-Anhängern kultische oder Unheil abwehrende Bedeutung zu. Das älteste Göppinger Schmuckstück ist im Naturkundlichen Museum in Jebenhausen ausgestellt. 

 

Kieselanhänger vom Göppinger Flugplatz

 

um 500 v. Christus: Der "Kelten-Fürst" von Göppingen?

Aus der keltischen Späthallstattzeit sind aus Baden-Württemberg einige reich mit Beigaben bestückte Fürstengräber bekannt, etwa der Grabhügel des Keltenfürsten von Hochdorf. Die Fürstengräber liegen in der Nähe zentraler Siedlungen, wie etwa bei Ludwigsburg ergraben oder die Heuneburg bei Hundersingen. In Höhenlagen errichteten die Kelten in dieser Zeit Herrensitze, so auf dem Hohenstaufen, wo zahlreiche Keramikfunde eine Siedlung belegen. Im Umfeld des Hohenstaufens liegen einige Grabhügelfelder, das größte im Waldgebiet des Oberholzes nördlich von Göppingen. 33 Hügelgräber mit einem Durchmesser von 9 bis 38 Meter und einer Höhe von bis zu 2 Meter lassen sich dort heute noch erkennen.

In den aus Erde und Steinen errichteten Gräbern bestatteten die Kelten ihre Toten und statteten sie mit Beigaben aus. Beigaben und Größe des Hügels sind abhängig vom sozialen Status des Toten. Die Hügel im Oberholz zeigen Spuren von früheren (Raub-) Grabungen, alle damals gemachten Funde sind verschollen. Etwas abgesetzt von der Grabhügelgruppe findet sich ein riesiger Einzelhügel, der aufgrund seiner Größe als Fürstengrab bezeichnet werden kann. Reste eines Wagens – ein prachtvolles Exemplar ist in Hochdorf gefunden worden – deuten darauf hin. Doch von dem bereits vollständig "durchgegrabenen" Hügel hat sich kein einziges Fundstück erhalten, spärliche Kenntnisse haben wir nur durch zeitgenössische Berichte.

 

Grabhügel im Oberholf, fotografiert von Walter Lang.

um 150 n. Chr.: Der römische Gutshof bei Oberhofen

Als zu Beginn der 1980er Jahre der Innenraum der Oberhofenkirche grundlegend renoviert wurde und das Gotteshaus eine Fußbodenheizung bekam, waren damit archäologische Nachforschungen verbunden. Unter dem Boden des Kirchenschiffs wurden als älteste Siedlungsspuren einige Mauerzüge eines römischen Gutshofs freigelegt, die aber keinen vollständigen Gebäudegrundriss ergaben. Eindeutig konnte der Zugang zu einem Kellerraum und Ansätze von Lichtschächten für diesen Keller bestimmt werden.

Eine solche Gutsanlage nannten die Römer "villa rustica". Sie umfasste ein Hauptgebäude und mehrere Gesinde- und Wirtschaftsgebäude, in denen sich Handwerksbetriebe befanden.

Zivile Siedlungen konnten an der Fils erst entstehen, nachdem der Limes in der Mitte des 2. Jahrhunderts n. Chr. auf die Linie Aalen – Lorch – Welzheim vorverlegt worden war. In dieser Zeit muss auch der Gutshof bei Oberhofen errichtet worden sein. Um 260 wurde er verlassen, als die Römer unter dem Druck der Alamannen ihre rechtsrheinischen Besitzungen aufgaben.

 

Ein besonderer Fund aus der Schicht des römischen Gutshofs ist ein Siegelring aus Bronze mit eingesetzter Lapislazuli-Gemme mit eingeschnittener Hirtenszene.

 

um 600 n. Christus: Das "Outfit" einer Göppingerin vor 1400 Jahren

Ein 12 bis 13 Jahre altes Mädchen, nennen wir sie Ida, geht an einem Sonntag vor 1400 Jahren am Ufer der Fils entlang. Sie trägt eine knielange Tunika, darüber einen Umhang, der mit einer goldenen Scheibenfibel, einer Art Brosche, zusammengehalten wird. Ihr Haar hat sie mit einer bronzenen Haarnadel hochgesteckt. Um den Hals trägt Ida eine Perlenkette aus bunten Glasperlen. Die wollenen Strümpfe sind mit Lederriemen und bronzenen Schnallen oberhalb der Waden festgemacht. Die Füße stecken in ledernen Schuhen. Außergewöhnlich sind einige Gegenstände, die an ihrem Gürtel hängen. Neben einem kleinen Messer sticht eine kreisrunde, bronzene Scheibe, die von einem beinernen Ring eingefasst ist, ins Auge. Diese Zierscheibe hat magischen Charakter. An einem Lederbändel hängt noch das Gehäuse einer Tigerschnecke. Dieses Importstück vom Roten Meer ist wohl ein Fruchtbarkeitssymbol. Das sog. Gürtelgehänge ist typisch für eine Alamannin, es zeigt auch den sozialen Status der Trägerin.

Und woher kennen wir Idas Tracht. Sie wurde 1864 in einem Grabfeld beim Christophsbad ausgegraben. Der Ausgräber Dr. Hölder konnte Alter und Geschlecht am erhaltenen Schädel feststellen.

 

So könnte Ida ausgesehen haben. Comicfigur von Susanne Mück, Tübingen.

 

875: Urkundliche Ersterwähnung Faurndaus

Unter den Göppinger Stadtbezirken ist der Ortsname Faurndau am frühesten in schriftlicher Form überliefert. Erstmals erwähnt ist der Name in einer Urkunde vom 11. August 875. Mit diesem Dokument verlieh König Ludwig der Deutsche, der Enkel Karls des Großen, seinem Diakon Liutbrand für seine Dienste das Klösterchen "Furentouua" im Herzogtum Alamannien. In diesem Zusammenhang übergab der König dazu gehörige Liegenschaften, bestehend aus Wiesen, Wäldern, Weiden, Weinbergen und Wasserläufen, sowie Leibeigene. Bei der Erwähnung von Weinbergen in Faurndau handelt es sich im Übrigen um den ältesten schriftlichen Hinweis für Weinbau im Filstal. Diese Urkunde muss im Zusammenhang mit zwei anderen Schriftstücken betrachtet werden. Dabei handelt es sich zum einen um eine am selben Tag ausgestellte weitere Urkunde, in der die Kapelle in Brenz an der Brenz dem Klösterchen Faurndau als Zugehör übereignet wurde. Zum anderen handelt es sich um ein auf 11. Februar 888 datiertes Dokument, in dem König Arnulf das Klösterchen Faurndau einschließlich der damit verbundenen Kapelle in Brenz dem erwähnten Diakon Liutbrand schenkte. Mit der Aufnahme Liutbrands in das Kloster St. Gallen ging die einstige Königsabtei Faurndau in den Besitz dieses mächtigen Klosters über. Der Ortsname Faurndau bedeutet "Siedlung an einem zerstörenden Fluss" und ist sicherlich auf die oft auftretenden Hochwässer der Fils zurückzuführen.

 

Der Namenszug "Furentouua" in der Urkunde von 875

 

Im Mittelalter: Edler Tropfen aus Göppingen?

Früher war Weinbau auch in Gegenden verbreitet, in denen heute kein edler Tropfen mehr angebaut wird, sei es aus Gründen der Rentabilität, des Aufwandes oder vielleicht auch des Geschmackes.

Der erste Beleg für Weinbau in Göppingen stammt aus dem Jahre 875. In einer Urkunde verlieh König Ludwig der Deutsche seinem Diakon Liutbrand das Kloster Faurndau mit allen Liegenschaften. Dazu zählten laut Urkunde neben Wiesen, Weiden, Wäldern und Wasserläufen auch Weinberge.

Auch Flurnamen wie "Am Weingärtenberg", "unter den Weingärten", "hinter der Kelter" oder "Kelterkopf", wie man sie zum Beispiel am Eichert finden kann, deuten auf Weinbau hin. Sicher haben die Göppinger schon im Mittelalter dort Reben angebaut. Im 18. Jahrhundert war der Weinbau in Göppingen endgültig aufgegeben worden. Ein Messprotokoll von 1718 nennt den Grund: "Von den Weinbergen ist allerdings nicht der Mühe wert, etwas zu gedenken, vorderist seind auf der ganzen Markung weiter nicht als 16 Morgen, welche erst bei ettlich und 20 Jahren zu Weingärt gemacht worden und vormalen Gärten gewesen seind und im Ertrag so schlecht und elend beschaffen, dass alle Weingärt ein Jahr in das andere nicht wohl 4 Eimer gewehren."

 

Das Filstalpanorama von 1534/35 zeigt einen Weinberg zwischen Göppingen und Eislingen.

 

1070: Bau der Burg Hohenstaufen

Ein genaues Baudatum der Burg ist nicht überliefert. Freilich erlaubt die quellenkritische Untersuchung der mittelalterlichen Aufzeichnungen des Otto von Freising den Rückschluss, dass die Burg um 1070 entstanden ist. Als Erbauer gilt der Großvater Barbarossas, Friedrich I., der erste Herzog von Schwaben aus den Reihen der Staufer. Nach neuen Forschungen ist davon auszugehen, dass es sich bei dieser Maßnahme um keinen Neubau handelte. Vielmehr spricht vieles dafür, dass Friedrich noch als Graf, wenige Jahre vor seiner Herzogserhebung 1079, eine bereits bestehende einfachere Befestigung auf dem Hohenstaufen umgestaltet hatte. Die Wissenschaft sieht die Herzogserhebung des Staufers im Zusammenhang mit dessen enger politischer und privater Verbindung zum salischen Kaiserhaus. Friedrich hatte sich in der schweren politischen Krise, als der Salierkaiser Heinrich IV. seinen "Gang nach Canossa" im Winter 1076/77 antrat, als konsequenter und treuer Parteigänger bewährt. Durch seine Heirat mit Agnes von Waiblingen wurde er Schwiegersohn Kaiser Heinrichs IV. und leitete damit den beispiellosen Aufstieg der Staufer zu einem der wichtigsten Machtfaktoren im Europa des 12. und des 13. Jahrhunderts ein. Am Rande sei noch darauf verwiesen, dass Agnes von Waiblingen nach dem Tod Herzog Friedrichs I. in zweiter Ehe den Babenberger Markgraf Leopold III. von Österreich ehelichte. Dieser Sachverhalt begründete eine historische Brücke für die Städtepartnerschaft zwischen Göppingen und Klosterneuburg bei Wien.

 

 Modell der Burg Hohenstaufen von Werner Lipp

 

12. Jahrhundert: Die älteste mittelalterliche Inschrift

Von der ehemaligen Grabplatte, die in der südwestlichen Ecke des Langhauses der Stiftskirche Faurndau gefunden wurde, ist nur noch ein Bruchstück erhalten. Auf der nahezu dreieckigen Platte sind zwischen zwei im Relief erhabenen Kreuzen auf drei Zeilen verteilt die Worte "HIC IA/CET / CVNEMVNT") eingeschlagen. Darunter schließt sich ein weiteres Kreuz an.

"Hier ruht Cunemunt" wird der Nachwelt berichtet. Wer war die im 12. Jahrhundert lebende Person – in diesen Zeitraum ist diese Grabplatte zu datieren. Kreisarchivar Walter Ziegler hat als denkbare Zuschreibung auf den 1158 und 1161 urkundliche erwähnten Cunimunt verwiesen, der zu der Familie gehört, die nach dem Untergang der Staufer die Vogtei über das Faurndauer Stift hatte.

 

 

Die Grabplatte mit der ältesten mittelalterlichen Inschrift auf dem heutigen Göppinger Stadtgebiet ist im Museum im Storchen ausgestellt.

 

1143: Urkundliche Ersterwähnung Holzheims

In einer im Herbst 1143 ausgefertigten Pergamenturkunde taucht erstmals der Ortsname des heutigen Göppinger Stadtbezirks Holzheim auf. Inhalt dieses Dokuments ist die Stiftung des Klosters Anhausen an der Brenz, das als wirtschaftliche Existenzgrundlage mit Begüterungen der näheren und weiteren Umgebung ausgestattet wurde. Zu diesen übergebenen Besitzrechten gehörten auch Güter in Holzheim und in "Matheshowe". Ob es sich bei dem letztgenannten Ortsnamen um das unter dem Hohenstaufen gelegene Maitis handelt, ist in der Forschung umstritten.

Dieser Urkunde voraus ging der Plan, in Langenau ein Reformkloster in der Tradition von Hirsau und Cluny anzulegen, das wegen der mangelhaften Eignung des Platzes im Jahr 1125 nach Anhausen verlegt wurde. Gestiftet wurde diese Mönchsniederlassung von den Adligen Manegold, Adalbert und Ulrich und Walther, die von namhaften Forschern als Mitglieder einer staufischen Seitenlinie betrachtet werden. Der Hinweis auf Holzheim ist damit ein wertvolles lokalgeschichtliches Indiz für Begüterungen des staufischen Hauses im Göppinger Raum.

 

Der Ortsname Holzheim ist in einer Urkunde von überregionalem Rang erstmals erwähnt

 

1154: "Apud Geppingin"

Im Jahr 1154 war Friedrich Barbarossa zwischen dem 3. und 17. Mai auf dem Weg von Worms über Ulm nach Batzenhofen bei Augsburg. Bei dieser Reise durchs Filstal wurde "Apud Geppingin" (bei Göppingen) eine Urkunde ausgefertigt, in der dem Kloster Lorch Vergünstigungen bestätigt werden – beispielsweise die Wahl des Vogts aus staufischem Hause –, die der Stauferkönig Konrad III. verliehen hatte. Heute wird diese Barbarossa-Urkunde im Stiftsarchiv St. Paul im Lavanttal in Kärnten aufbewahrt, wohin sie über das Kloster St. Blasien im Schwarzwald zu Beginn des 19. Jahrhunderts gelangte. Für den Aufenthalt Barbarossas in unserer Region gibt es weitere Belege: Am 25. Mai 1181 stellte er eine Urkunde auf der Stammburg der Familie, "in castro staufen" aus und 1188 nahm er mit seinen Söhnen an der Altarweihe der Klosterkirche Adelberg teil. Ein Jahr später brach der Stauferkaiser zum Kreuzzug auf, bei dem er das Heilige Land nicht mehr erreichte und am 10. Juni 1190 im Fluss Saleph (Göksu) in der Türkei ertrank.

 

1181: Kaiser Barbarossa besucht die Stammburg seiner Familie

Vielleicht stattete Friedrich I. Barbarossa der Stammburg seiner Familie auch einen Besuch ab, als er sich 1154 in oder bei Göppingen aufhielt und 1188 an der Weihe des Hochaltars der Klosterkirche Adelberg teilnahm. Ganz sicher überliefert ist jedoch der Aufenthalt des Kaisers am 11. Mai 1181 auf dem Berg Hohenstaufen. An diesem Tag stellte der Herrscher "in castro Stoufen", also in der Burg Staufen, eine für das Kloster Adelberg wichtige Urkunde aus. In diesem heute im Hauptstaatsarchiv Stuttgart verwahrten Rechtsdokument wird vom Kaiser bestätigt, dass der jeweilige Herr von Staufen stets auch der Vogt des Prämonstratenserklosters Adelberg sein soll. Damit wurde dem noch jungen, 1178 von Barbarossas Vetter Volknand von Staufen gegründeten Schurwaldkloster ein besonderes Schutzprivileg gegeben.

In der Urkunde von 1181 heißt die Burg noch Staufen. Erst im 14. Jahrhundert setzte sich die heute gebräuchliche Bezeichnung Hohenstaufen für Berg und Burg durch. Zur Unterscheidung dazu nannte man das Dorf damals Staufen.

 

Siegel und Monogramm des Kaisers auf der Urkunde von 1181.

 

1206: Urkundliche Ersterwähnung Jebenhausens

Das älteste schriftliche Dokument, in dem der Ortsname Jebenhausen erwähnt wird, ist eine Pergamenturkunde aus dem Jahre 1206. In diesem Schriftstück verzichten die Adligen Albert von Ravenstein und Bruning von Staufen auf eine Reihe von Besitztümern zu Gunsten des Klosters Adelberg. Zu diesen Gütern gehörten auch Besitzrechte in Jebenhausen und eine Adelshof in Göppingen, auf dessen Areal 1514 das Adelberger Kornhaus, die heutige Stadtbibliothek, errichtet wurde. Mit den Edelfreien von Ravenstein begegnet uns in dieser Urkunde eine Familie, die zur Prominenz des süddeutschen Raumes im 13. Jahrhundert gehörte. Aus den Reihen der Ravensteiner gingen u. a. ein Augsburger Domherr und ein Bischof von Trient hervor. Mit Agnes von Ravenstein, die mit Schenk Walter I. von Limpurg, einem engen Ratgeber des Stauferkönigs Konrad IV. verheiratet war, starb die Familie im Mannesstamm aus.

 

Ansicht der abgegangenen Burg Ravenstein bei Steinenkirch

 

um 1220: Bau der Faurndauer Stiftskirche

Mit der Faurndauer Stiftskirche befindet sich auf dem Boden Göppingens eines der bedeutendsten spätromanischen Gotteshäuser Süddeutschlands. Mit Fug und Recht wird die Kirche Kunstgeschichte des Mittelalters in einem Atemzug mit berühmten Kirchenbauten wie der Johanniskirche in Schwäbisch Gmünd, der Walterichskapelle bei Murrhardt und der mit Faurndau in der Phase um das Jahr 875 eng verbundenen Kirche in Brenz an der Brenz genannt. Von der bauhistorischen Forschung wird die Vollendung des heutigen Faurndauer Kirchenbaus in die Zeit um 1220 datiert. Dem Gotteshaus gingen an dieser Stelle offensichtlich einige Vorgängerkirchen voraus. In deren Reihe gehört sicher auch das bereits 875 erstmals schriftlich erwähnte "Klösterchen Faurndau", das in der Folgezeit Besitz des Klosters St. Gallen war.

Entsprechend der Zeitströmung dürfte das Kloster Faurndau im frühen 12. Jahrhundert in ein Chorherrenstift umgewandelt worden sein. Diese Maßnahme wurde mit Berta von Boll, der Tochter des Stauferherzogs Friedrich I. von Schwaben, in Verbindung gebracht. Die Forschung plädiert bei der Suche nach dem Bauherren der wohl ab 1200 als dreischiffige Basilika erbauten Faurndauer Stiftskirche ebenfalls auf das Umfeld der Staufer. Am Kirchenbau fallen der reichhaltige figürliche Schmuck an Apsis, Chor und Ostgiebel auf. Im Kirchenraum sind die wertvoll gearbeiteten Kapitelle und die in die Zeit um 1300 datierten Wandmalereien hervorzuheben. Durch eine grundlegende Renovierung in den Jahren 1956 bis 1959 konnte der ursprüngliche romanische Raumeindruck wiederhergestellt werden.

 

Ansicht der Faurndauer Stiftskirche nach einer Federzeichnung von Max Bach (um 1880)

 

1260: Urkundliche Ersterwähnung Bartenbachs

In einer im Jahr 1260 ausgestellten Pergamenturkunde wird Bartenbach erstmals schriftlich erwähnt. In dem Dokument bezeugt der Reichsschenke Walter II. von Limpurg, dass der Hof des Klosters Lorch in Bartenbach schon lange Zeit unter seiner Vogtei, also unter seinem Schutz, steht. Fünf Jahre später verzichtet der Schenke völlig überraschend auf dieses Recht und die damit verbundenen Einkünfte. Dieser auf den ersten Blick merkwürdig anmutende Vorgang wirft ein Schlaglicht darauf, nach welchen Spielregeln im Mittelalter Konflikte ausgetragen und bereinigt wurden.

Wie viele andere weltliche Herren, die als Schutzvögte von geistlichen Einrichtungen eingesetzt waren, missbrauchte auch Walter II. von Limpurg sein Vogtrecht in der politisch unruhigen Phase des Untergangs der staufischen Herrschaft: Walter II. bereicherte sich auf Kosten der ihm anvertrauten Klöster Lorch und Comburg bei Schwäbisch Hall. Vor dem Hintergrund, dass ihm und anderen Schädigern kirchlicher Rechte von Papst Clemens IV. mit schwerwiegenden Konsequenzen gedroht wurden, verzichtete Reichsschenk Walter als Zeichen der Wiedergutmachung auf seine Rechte in Bartenbach. Im Filstal tritt Walter II. ein weiteres Mal 1274 urkundlich in Erscheinung. Damals verpfändete er sein Lehen "Wäscherburg", auf dem bis dahin sein Vertreter Conrad von Staufen, genannt der Wascher, saß, an seinen Schwiegersohn Ulrich von Rechberg.

 

Die Urkunde aus dem Jahr 1260, in der Bartenbach zum ersten Mal genannt wird.

 

um 1300: Das Gießgefäß aus der Faurndauer Kirche

Als 1953 in der spätromanischen Stiftskirche Faurndau Arbeiten für den Einbau einer Heizungsanlage vorgenommen wurden, entdeckte man unter dem Fußboden Tonscherben, die zu einer Tiergestalt gehörten. Ein Bruchstück, das aus einer länglichen Ausgussröhre mit Griff und Einfüllöffnung bestand, führte zur richtigen Bestimmung: Es handelte sich um Scherben eines Wassergießgefäßes, eines sog. Aquamanile. Aus den vorgefundenen Tonscherben ließ sich die ursprüngliche Form des Gießgefäßes gut nachvollziehen, so dass man sich später zu einer rekonstruierenden Ergänzung entschlossen hat.

Die unglasierten Tonscherben weisen durch ihren gelblichen Farbton und dem Dekor aus sich kreuzenden roten Strichen auf die Herstellung des Gießgefäßes in Buoch im Remstal hin. Dort wurde vom späten 12. Jahrhundert bis um 1400 mit roter Bemalung verziertes Geschirr hergestellt, das im ganzen nordwürttembergischen Raum als Tafelgeschirr Verwendung fand.

Nachdem das Faurndauer Aquamanile in einem Gotteshaus gefunden wurde, diente es im Mittelalter dort zur Handwaschung. Während der Messe benötigte der Priester ein Wassergeschirr auf dem Altar, um die Finger und die Hand zu reinigen, mit der er die heilige Hostie berührte. Im weltlichen Bereich reihte sich das Händewaschen in die vielfältigen höfischen Tischsitten des Mittelalters ein. Edelknaben schütteten vor dem Essen den hohen Gästen Wasser aus einem Gießgefäß in Tiergestalt über die Hände, das sie in einer darunter gehaltenen Schüssel wieder auffingen. So konnten die Gäste das Essen mit sauberen Händen anfassen und zum Mund führen, denn die Gabel bzw. unser Besteck war zu jener Zeit noch nicht in Gebrauch.

 

Das Aquamanile aus der Stiftskirche von Faurndau ist als Leihgabe der Kirchengemeinde im Museum im Storchen zu bewundern. Es stammt aus der Zeit um 1300.

 

14. Jahrhundert: Erster Hinweis auf das Wappen mit der Hirschstange

Das bis heute verbindliche Göppinger Stadtwappen wird in der Fachsprache der Heraldik wie folgt beschrieben: Unter rotem Schildhaupt in Silber (Weiß) eine fünfendige schwarze Hirschstange. Die schwarze Hirschstange, Symbol der Herrschaft Württembergs, erinnert an die Zugehörigkeit Göppingens zum "Staate Beutelsbach". Lange Zeit ging man davon aus, dass unmittelbar nach dem Ende der "Stauferzeit" mit der Hinrichtung Konradins in Neapel im Jahr 1268 die Herrschaft Württemberg im Raum Göppingen die politisch tonangebende Kraft wurde. Die jüngsten Forschungen des Göppinger Kreisarchivars Walter Ziegler widerlegen diese Einschätzung nachhaltig. Er kommt zum Ergebnis, dass das Haus Württemberg nicht im 13. sondern erst im 14. Jahrhundert in Göppingen herrschaftspolitisch Fuß gefasst hat. Dieses Fazit deckt sich mit dem Wappenbefund: das württembergische Hirschstangenwappen lässt sich in der archivalischen Überlieferung Göppingens erst für die Mitte des 14. Jahrhunderts belegen.

 

Das württembergische Wappen in der Decke des kleinen Sitzungssaals im Göppinger Rathaus

 

1348/49: Pestepidemie und Judenverfolgung

Auch heute noch bedrohen die Menschheit große Seuchen - zum Beispiel AIDS. Im Mittelalter war die Pest eine Geißel der Menschheit, die das große Sterben brachte. Sie breitete sich von Zentralasien kommend zwischen 1347 und 1352 über ganz Europa aus. Heute schätzt man die Zahl der Opfer dieser Pestepidemie auf rund 20 Millionen Menschen, rund ein Drittel der damaligen Bevölkerung. Viele sahen in der Krankheit, der man ohne wirksame Heilmittel hilflos gegenüber stand, eine Strafe Gottes für die Sünden der Menschheit. Es kursierten aber auch Gerüchte, Juden hätten Quellen und Brunnen vergiftet und so das Unglück herbeigeführt. Der jüdischen Minderheit war rasch die Rolle des Sündenbocks zugedacht: die Mitglieder der jüdischen Gemeinden wurden deshalb vielerorts auf schlimmste Weise verfolgt. Auch die mittelalterliche jüdische Gemeinde Göppingens wurde in Folge der pogromartigen Stimmung um die Jahreswende 1348/49 ausgelöscht - so berichtet es das sog. Memorbuch der jüdischen Gemeinde Deutz bei Köln, in dem die "Marterstätten zur Zeit des Schwarzen Todes" aufgelistet sind. Wie groß die Zahl der ermordeten Juden damals war und wie viele Tote die Pest in der Stadt forderte, ist nicht bekannt.

 

Rund 250 Jahre später, 1597, hielt die Pest wieder in Göppingen Einkehr. Diesmal fielen ihr über 1000 Menschen, etwa die Hälfte der Einwohnerschaft, zum Opfer.

 

1396: Göppinger Geld

Kaiser Karl IV. verlieh dem württembergischen Grafen Eberhard II. im Jahr 1374 das Recht, unter seinem "gepreg und zeichen" eine Hellermünze zu schlagen, die ihren Namen nach der Stadt Schwäbisch Hall trug. Im Kirchheimer Münzvertrag vom 23. November 1396 hatte Graf Eberhard III. von Württemberg dann für ein größeres Gebiet eine Münzordnung für Heller und Schillinge erlassen, in der Stuttgart und Göppingen als Prägeorte benannt sind. Die hier geschlagenen "Göppinger Heller" – Schillinge wurden in Göppingen nicht geschlagen – sind kleine Silbermünzen in der Größe eines 20-Cent-Stücks. Sie erkennt man an den zwei übereinanderliegenden Hirschstangen. Bereits 1404 verlor Göppingen den Status einer Münzstätte wieder, indem in einem neuen Münzvertrag die Standorte zur Münzprägung für ein nochmals größeres Territorium völlig neu bestimmt wurden.

 

 

 

1397: Der erste "niedergelassene" Arzt

Der erste in Göppingen nachgewiesene Medicus war der in Gmünd geborene Nicolaus von Schwert. 1397 tritt er als Zeuge in einer Göppinger Urkunde auf. Von Schwert war auch Leibarzt von Graf Eberhard III. von Württemberg. Dieser wollte an einem seiner wichtigen Aufenthaltsorte – der Sauerbrunnen war damals sehr geschätzt – einen sachkundigen Arzt zu seiner Betreuung haben. Dass dieser noch seltene Berufsstand sehr gefragt war, lässt sich daran ablesen, dass von Schwert für seine umfangreichen Besitzungen keine Steuern bezahlen musste. Erst ab dem 14. Jahrhundert gab es in Deutschland eine medizinische Hochschule. Ansonsten übernahmen vor allem die Bader die Aufgaben der Krankenversorgung: sie zogen Zähne, operierten, ließen zur Ader und "verschrieben" Arzneien.

 

1397: Lateinschule

In dem reichhaltigen Urkundenbestand des Hauptstaatsarchivs Stuttgart befindet sich eine am 25. Juli 1397 ausgestellte Pergamenturkunde. Dieses Dokument berichtet davon, dass der in Ulm beheimatete Paul Botter und seine aus Göppingen stammende Frau Agnes eine Stiftung zum Totengedenken auf den Jodok-Altar in der Kirche St. Maria und Johannes der Täufer in Göppingen vollzogen haben. Bei dieser Kirche handelt es sich um den Vorgängerbau der heutigen Oberhofenkirche. Im Urkundentext ist beiläufig von einem "rector puerorum", einem lateinischen Schulmeister, die Rede. Dieser Hinweis ist der erste schriftliche Beleg dafür, dass in der Stadt Latein unterrichtet wurde, ohne das ein Studium an einer Hochschule unmöglich war. Dieser Notiz zufolge besaß Göppingen also eine der ältesten Lateinschulen im württembergischen Raum.

Zu ihren namhaftesten Schülern zählen der Mathematiker Michael Mästlin, der Theosoph Friedrich Christoph Oetinger und der Schriftsteller Hermann Hesse. Nach dem Stadtbrand 1762 wurde die Lateinschule im Gebäude an der Ecke Schul-/Pfarrstraße eingerichtet.

 

Ein Rute schwingender Lehrer sitzt vor seinen Schülern.

 

"seit altersher": Blaidlenge, Hoaraffe und Sauerkrüagle

Früher gab es für die Bewohner eines Ortes mindestens einen Necknamen.

Die Göppinger waren bekannt als die Blaidlenge (die Blöden). So wurden sie beispielsweise von den Geislingern genannt. Daraus spricht auch der alte Gegensatz zwischen dem ehemals ulmischen Geislingen und der württembergischen Grenzstadt Göppingen.

Die Hohenstaufener wurden als Hoaraffe (Hornaffen) bezeichnet. Dies kommt von den Schlitten mit großen aufwärts gebogenen Hörnern, die die Hohenstaufener Bauern früher im Winter benutzt haben.

Weitere Beispiele seien genannt: Die Göppinger waren auch die Sauerkrüagle, die Bartenbacher die Spoallompe, die Faurndauer die Wasseramsle.

Solche Necknamen sind in einer Zeit entstanden, als die Menschen noch in ihrer Freizügigkeit beschränkt waren, sei es durch Verkehrsschranken oder politische Grenzen. So bezeichneten die Bewohner eines Ortes die Einwohner eines anderen, meist des Nachbarortes mit einem oder mehreren Necknamen. Viele dieser Spottnamen sind im Laufe der Zeit allerdings verloren gegangen.

 

Scherz-Postkarte auf die Göppinger aus den 1920er Jahren